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  • Nachbessern

    Bern, November 2020

    Was tun Sie, wenn die Suppe, die Sie am Köcheln haben, fad oder versalzen schmeckt? Seufzen Sie auf und sagen Sie: „Oje, ich habe die Suppe zu wenig gewürzt oder versalzen, welch Fehler!“ Und sitzen anschliessend schamerfüllt am Tisch, während Ihre Gäste unmotiviert mit dem Löffel in der Suppe rumrühren? Mich würde das wundern. Ich nehme an, dass Sie bei Bedarf nachwürzen und zu Salziges neutralisieren.

    Ich frage Sie das nicht, weil ich an Ihnen zweifle. Doch fällt mir in den letzten Monaten bei der Arbeit wie privat auf, wie stark wir Menschen an Missverständnissen oder unbedacht gewählten Wörtern, die verletzend wirken, kleben bleiben.

    Eine fad schmeckende Suppe würzen wir, lassen Sie uns sagen, bessern wir nach. Wie wäre es, wenn wir auch im zwischenmenschlichen Bereich das Prinzip des Nachwürzens und Nachbesserns anwenden würden? Dann würden wir uns nicht verteidigen, zurückschießen oder beleidigt, womöglich in Schuldgefühlen badend schweigen, wenn unsere Mitmenschen sich von uns gekränkt fühlen, uns in unsere Schranken weisen oder negativ auf unsere Äusserungen reagieren. Nein, wir würden Nachbessern.  „Weisst Du, Du bist mir wichtig und ich bin daran interessiert, dass Du das zukünftig kannst. Deshalb habe ich Dein Handeln kritisch beleuchtet.“, so würden wir vielleicht tönen. Die Reaktion unseres Gegenübers abwarten und wenn nötig nochmal nachdoppeln: „Ich verstehe Dich, mich würde eine solche Rückmeldung wahrscheinlich auch kränken oder ärgern.“ usw. usf..

    Nachbessern hilft auch uns. Damit befreien wir uns aus allfälligen Schuldgefühlen, Selbstvorwürfen oder Ängsten und schauen einem nächsten Kritikgespräch vielleicht sogar gelassener entgegen. Weil wir wissen, dass der Weg durch die heikle Situation und darüber hinaus, in etwas Besseres führt.

    © Nicole Gilgen, lic. phil, Fachpsychologin für Coaching-Psychologie FSP

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