Bern, Dezember 2016
Good enough. Ist ‘ausreichend gut’ verwerflich? Befinden wir uns hier gefährlich nahe dem Mittelmass, das uns bald hinter den Konkurrenten, Einbrechern oder anderen Problemen, die wir in unserem Arbeitsalltag zu bewältigen haben, hinterher hinken lässt? Lässt uns ein ‘ausreichend gut’ gar faul werden? Wann ist etwas ‘ausreichend’? Wann ist etwas ‘gut’? Wo wollen wir uns ‘ausreichend gut’ leisten? Wo sollten wir uns ‘ausreichend gut’ leisten? Weil alles andere ein Ideal oder gar eine Illusion ist? Denken Sie an das Pareto-Prinzip, das uns vor Augen führt, dass die restlichen zwanzig Prozent viermal so lange benötigen wie die ersten achtzig Prozent. Manchmal verirren wir uns mit unseren Perfektionsansprüchen auch, und wir landen damit an einem Ort, wo wir oder andere feststellen, dass wir Überqualität erschaffen haben, die die Lösung unnötig verkompliziert. Oder andere werfen uns vor, wir hätten l’art pour l’art betrieben. Oder ganz anders: wir arbeiten weiter und weiter an einem Thema und erleben wie Sisyphos einst, dass der Stein, gerade eben wieder mühsam hinaufgewälzt, doch wieder ins Tal hinunterrollt, sobald wir uns eine Pause gönnen. Good enough. Nicht immer. Doch gut platziert an den korrekten Stellen, kann uns dieses Konzept den Alltag erleichtern und uns für die Dinge und Menschen, die uns am Herzen liegen, auf die es wirklich ankommt, Raum verschaffen. Good enough.
P.S. Das Konzept ‘Good enough’ geht auf den englischen Kinderarzt und Psychoanalytiker Donald W. Winnicott zurück, der Mitte des letzten Jahrhunderts den Begriff der ausreichend guten Mutter prägte.
© Nicole Gilgen, lic. phil, Fachpsychologin für Coaching-Psychologie FSP