Bern, Dezember 2020
Vor Jahren besuchte ich ein Seminar bei Prof. Dr. Luc Ciompi, einem Berner Sozialpsychiater. Nach dem Mittagessen suchte Herr Ciompi etwas. Doch vergeblich. Nonchalant bemerkte er: «Das ist jetzt eben das Alter.» Herr Ciompi war damals 85 Jahre alt. Dieses Erlebnis liess mich nicht mehr los: Mich beeindruckte zutiefst, dass er mit 85 Jahren noch Seminare leitete und sich mit den Bedingungen des Alters dermassen elegant arrangierte.
«Was ist jetzt mit Forever Young?», fragen Sie sich möglicherweise. Natürlich bleiben wir nicht für immer jung. Unser Körper altert nun mal und hat ein Verfalldatum. Das wissen Alphaville, Bob Dylan, das Generationenhaus in Bern sowie Sie und ich.
Doch begegnen mir immer wieder Menschen, die unabhängig ihres Alters jugendlich erscheinen. Weil sie sich jugendlich geben? Nein, es ist etwas anderes. Sie interessieren sich für die Erlebniswelt anderer, auch jüngerer Menschen. Sie wissen nicht alles besser. Trotz ihrer Reife. Sie wagen sich aus Beengendem in ihrem Leben zu lösen statt es Tag für Tag zu beklagen. Sie stellen ihren Mitmenschen mehr Fragen, als dass sie ihnen – womöglich – ungefragt Antworten geben. Und wissen Sie was? Am besten gefällt mir an diesen Menschen ihr Umgang mit Krisen, Scheitern und Fehlern. Sie machen daraus kein langfristiges Drama und «verbünden» sich damit höchstens eine Weile; kommen darüber hinweg und sagen sich vielleicht: «Das war jetzt eben ein Fehler.». Ähnlich Luc Ciompis «Das ist jetzt eben das Alter».
Geht denn die Jugend mit Fehlern und Krisen so gewandt um? Nein, das denke ich nicht. Gerade das Scheitern und Fehler machen will gelernt sein. Doch können wir einander ermutigen, wenn wir mit der Zeit und einem Schuss Jugendlichkeit Fehler und Scheitern als Teil des Lebens zu integrieren lernen. Damit können wir unseren Jungen mutig und mit gutem Beispiel vorangehen. Und das ist es, was ich uns allen wünsche: Bleiben wir mutig und zuversichtlich, auch wenn es mal nicht so rund läuft. Forever Young? Vielleicht ein wenig, wäre doch schön?
Ah, noch etwas, wenn Sie sich im Forever Young bestärken lassen möchten, finden Sie hier Anregungen dazu.
© Nicole Gilgen, lic. phil, Fachpsychologin für Coaching-Psychologie FSP